G20-Africa-Partnership-Conference? Was soll das eigentlich?

Die G20-African-Partnership-Conference steht vor der Tür. Worum soll es bei dieser Konferenze gehen? Wer lädt wen ein um was zu besprechen?

In knapp einer Woche wird im Gasometer in Schöneberg die sogenannte „G20-African-Partnership-Conference“ stattfinden. Während innerhalb des G20-Prozesses bis 2010 vor allem Finanzmarktreformen und eine Stabilisierung des weltweiten Finanzsystems auf der Agenda standen, hat sich in den letzten Jahren das Themenspektrum der G20 erweitert. Beim Gipfel in Seoul fanden sich erstmals Themen wie Entwicklung, Ernährungssicherheit, Korruptionsbekämpfung, Klimawandel, Energie, Nachhaltigkeit, finanzielle Teilhabe, Investitionsförderung usw. im Gipfelprogramm.

Neben dem Thema Haushaltskonsolidierung und der Schaffung von Arbeitsplätzen rückte in den letzten zwei Jahren vor allem das Thema Migrationsabwehr in den G20-Fokus.

Verbindend war all diesen thematischen Schlenkern immer der Blick aufs Wirtschaftswachstum. Das ist die verbindende Klammer der unterschiedlichen Aspekte, das wird als vorrangiges Ziel fokussiert, und als Lösung für diverse Problemlagen angesehen.

Auch im Rahmen der deutschen G20-Präsidentschaft ist die Stabilität der Weltwirtschaft das wichtigste Ziel. Offiziell besteht die Hamburger G20-Agenda aus drei Säulen.

Einer der Säulen nennt sich „Stabilität sicherstellen – Zukunfstsfähigkeit verbessern – Verantwortung übernehmen“. Hier geht es um Strukturreformen, Austeritätspolitik und um die sogenannte Agenda 2030 der UNO. Die von allen 193 Mitgliedsstaaten der UNO unterzeichnete „Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung“ beinhaltet 17 nachhaltige Entwicklungsziele. Die deutsche G20-Präsidentschaft verspricht, sich für die Umsetzung einzusetzen. Bei genauerem hinsehen aber fällt auf, was damit gemeint ist. Es geht um private Investitionsförderung. Die Weltwirtschaft soll‘s richten. Ebene jenes Wirtschaftssystem, das für die ökologischen Katastrophen, für Krieg, Hunger und Ausbeutung verantwortlich ist. In Bezug auf die Agenda 2030 wollen die G20 „auch in anderen Weltregionen Verantwortung übernehmen“ – im Klartext wollen sie also ihre imperialistischen Finger in alle Himmelsrichtungen ausstrecken. Vor allem in Richtung des afrikanischen Kontinents – Denn die sogenannte „Partnerschaft mit Afrika“ spielt in der Außendarstellung der deutschen G20-Präsidentschaft eine hervorgehobene Rolle.

Dieser angeblichen Partnerschaft ist eine eigene Konferenz am 12. und 13 Juni in Berlin gewidmet. Sie wurde von den Entwicklungs- und Finanzministerien gemeinsam vorbereitet, vor allem soll es dort um den sogenannten „Marshallplan mit Afrika“ gehen, den das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) zu verantworten hat. Wolfgang Schäuble fasst die Ziele dieses Plans folgendermaßen zusammen: „Wir wollen damit private Investitionen in Afrika sicherer machen, Investitionshemnisse abbauen und Investitionsanreize setzen“. Es geht also darum, Kapitalinteressen gerecht zu werden, und ihnen einen besseren Zugang auf dem afrikanischen Markt zu gewährleisten. Rechts- und Eigentumssicherheit, öffentliche Kredite und Subventionen, Bürokratieabbau und Deregulierung sowie der Ausbau der Infrastruktur sollen private Investitionen fördern, was nach neoliberalem Glaubensbekenntnis das Allheilmittel für alles und jeden ist. Es geht um die Privatisierung öffentlicher Güter und die Flexibilisierung von Arbeitsverhältnissen. Gleichzeitig wird damit in neokolonialer Manier den betroffenen Ländern zugeschrieben, wegen schlechter Rahmenbedingungen, schlechter Regierungsführung, mangelnder Sicherheit, Korruption usw. seien sie selbst verantwortlich für Armut, Hunger und Krieg. Nicht etwa die Tradition kolonialer Ausbeutung, imperialistischer Landnahme und die internationalen Machtverhältnisse, samt der dazu gehörigen Arbeitsteilung sind schuld, sondern die afrikanischen Gesellschaften selbst – so die Propaganda der 19 mächtigsten Industriestaaaten und der EU.

War in der Vergangenheit die Rollenverteilung der Weltwirtschaft relativ klar strukturiert – in Rohstofflieferanten auf der einen und hochentwickelte industrialisierte Zentren auf der anderen Seite – wird nun der Zugriff auch auf den afrikanischen Markt in anderer Form gesucht. Die kapitalistische Weltwirtschaft steckt nach wie vor in einer Überakkumulationskrise. Das Kapital weiß noch immer nicht, wohin mit sich. Der afrikanische Markt wird von der Wirtschaft als Chance gesehen, überakkumuliertes Kapital gewinnbringend unterzubringen und ein bisher nicht vollständig erschlossenes Heer an potentiellen Konsument*innen zu gewinnen. So meint folgerichtig der deutsche Entwicklungsminister Gerhard Müller: „ Die deutsche Wirtschaft verschläft hier einen Markt.“ Profitieren wird von dieser Art der „Partnerschaft“ natürlich vor allem die Privatwirtschaft der kapitalistischen Zentren – sprich der G20 Staaten. Für Schäuble liegt daher die „Entwicklung neuer Märkte und Wachstumspotentiale mit unseren afrikanischen Partnern“ auch im „ureigenen Interesse“ Europas. Die Durchsetzung eigener nationalen (und paranationalen) Interessen in anderen Gesellschaften und Staaten, war schon immer zentrales Element imperialistischer Politik. Anstatt wie früher Entwicklungsgelder an Regierungen zu zahlen, soll nun also direkte Unterstützung an Unternehmen fließen.

Der Vorbereitungskreis der Proteste gegen die G20-African-Partnership-Conference zieht Parallelen zur historischen Berliner Kongo-Konferenz von 1884/85:

„AfrikanerInnen waren und sind nur Objekt der Planungen Deutschlands; Deutsches „Engagement“ und deutsche Planungen waren und sind ein Startsignal für einen Wettlauf um Macht und Märkte.”

Ihr Fazit zum Marshallplan fällt folgendermaßen aus:

„Der Marshallplan ist also ein verschärftes neoliberales Projekt, das vorrangig der deutschen Industrie und deutschen Kapitalgesellschaften nutzen soll. Er wird darüber hinaus Signalwirkung innerhalb der G20 haben: Ab jetzt unterstützt Deutschland umfangreich in die Erschließung afrikanischer Märkte. Damit ist ein neuer Wettlauf um Afrika absehbar.“

2016 wurde die „Globale Allianz zur Vernetzung von Infrastruktur“ beim G20-Gipfel gegründet. Sie ist mit einem Büro bei der Weltbank vertreten. Diese Allianz versucht mit Hilfe ihres, von multilateralen Entwicklungsbanken ausgestatteten, Budgets durch Public-Private-Partnerships, Steuervergünstigungen und Bürgschaften Privatinvestitionen zu fördern. Institutionelle Anleger sollen angelockt und der afrikanische Kontinent stärker in den Griff des internationalen Kapitals genommen werden. Daneben liefert die „Erweiterte Agenda für strukturelle Reformen“ eine weitere Grundlage, zur Erschließung neuer Akkumulationsfelder.

Ein Teil der Strategie bilden schon jetzt die sogenannten Economic Partnership Agreements (EPA) – Freihandelsabkommen zwischen der EU und afrikanischen Staaten. Die EU hat viel Druck gemacht, um vorläufige Verträge durchzusetzen und will die endgültige Implementierung in diesem Jahr sicherstellen.

Auch wenn Migrationspolitik kein offizieller Bestandteil der G20-Africa-Partnership-Conference ist, spielt sie doch eine herausragende Rolle im Afrika-Konzept der G20-Staaten. Die EU hat bereits insgesamt 71 Verträge mit 24 afrikanischen Ländern abgeschlossen. Dabei werden, durch stärkere Überwachung und Militarisierung der afrikanischen Binnengrenzen, durch Ausbildung und durch die Errichtung von Internierungslagern für Geflüchtete, die europäischen Außengrenzen bis tief in den afrikanischen Kontinent hineinverlagert. Von der EU sind dafür 500 Millionen Euro bereit gestellt worden. Davon profitieren in erster Linie europäische Hersteller von Sicherheits- und Rüstungstechnologie. Auch deutsche Institutionen verdienen dabei kräftig. Das in Berlin ansässige Unternehmen Veridos, an dem auch die Bundesdruckerei beteiligt ist, rüstet beispielsweise die Grenzanlagen Marokkos auf, in Form elektronischer Geräte, die gefälschte Pässe erkennen soll. Die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GiZ) liefert Ausrüstung für den Grenzschutz u.a. in den Sudan und nach Eritrea.

Die G20 zerstören die afrikanischen Märkte indem sie den vollen Zugriff des internationalen Kapitals durchsetzen wollen. An der Verhinderung der Migration aus diesen Landstrichen verdienen sie anschließend ein zweites Mal.

Gegen die G20-Arican-Partnership-Conference gibt es Widerstand. Ein Bündnis ruft zur Demonstration

  • „Für globale Bewegungsfreiheit und selbstbestimmte Entwicklung“. Die Demo startet am 10.6 um 15 Uhr am Potsdamer Platz.
  • Am Montag den 12.Juni gibt es eine Kundgebung um 17 Uhr vor dem Gasometer in Schöneberg.
  • Innerhalb der Berliner Aktionswochen gegen die Welt der G20 (2.-13. Juni) gibt es eine Vielzahl weiterer Aktivitäten und Veranstaltungen rund um den Widerstand gegen die G20 und die African-Partnership-Conference.
  • Hier gibt es den Mitschnitt einer Veranstaltung über den Marschallplan mit Afrika: (Achtung: nur über http erreichbar)
  • Infos zur G20-African-Partnership-Conference (Achtung: nur über http erreichbar).